Interview mit Sonja Lendenmann-Meyer
Verwaltungsrätin
Welches Bild hattest du von der Asga, bevor du das Amt als Verwaltungsrätin angetreten hattest?
Die Asga widerspiegelte für mich immer das Bild einer soliden und – im positiven Sinne – unaufgeregten Pensionskasse für die Ostschweiz, welche sich sehr mit dem Gewerbe und dem KMU-Umfeld identifiziert und den Versicherten zu vernünftigen Kosten gute Gegenleistungen gewährleistet. Als Versicherte nahm ich auch wahr, wie viele Personen sich in meinem Umfeld mit (drohenden) Unterdeckungen auseinandersetzten. Diese Sorge bestand bei mir nicht, auch wenn man davor natürlich nie ganz gefeit ist.
Hat sich das bestätigt?
Ja, das hat es in verschiedener Hinsicht. Die Asga nehme ich weiterhin als zuverlässige Partnerin wahr, welche sich an ihre Versprechen hält und mit der nötigen Vorsicht agiert. Die Nähe zu den KMU besteht weiterhin und sie ist in der Ostschweiz sehr gut vertreten. Die Asga ist – so darf ich immer wieder vernehmen – greifbar, die Ansprechpersonen sind bekannt und Anliegen können bei Bedarf direkt und persönlich platziert werden.
In den letzten Jahren fand indes sicher eine Ausweitung betreffend Örtlichkeiten und Unternehmensgrössen statt: Die Asga ist auch für Unternehmen jenseits der Ostschweiz und auch für grosse Unternehmen interessant. Der Anschluss solcher Unternehmen und damit das gezielte Wachstum ist ein wesentlicher Faktor, dass unser Verhältnis zwischen den aktiven Versicherten und den Rentnern weiterhin sehr gut ist. Vor allem für die jüngeren Generationen ist mir das persönlich ein sehr grosses Anliegen, damit der Umverteilung von jung zu alt nicht ins Unermessliche steigt. Aufgrund der bestehenden Umwandlungssätze wird den Altersguthaben der aktiv Versicherten schon heute nicht die gesamte durch die Pensionskasse an den Kapitalmärkten erwirtschaftete Rendite gutgeschrieben. Ein Teil der Rendite wird dazu verwendet, die Umwandlungsverluste im BVG-Obligatorium zu decken. Diese Umverteilung wäre bei der Asga heute viel grösser zu Lasten der jüngeren Generationen, wenn dieses Wachstum ausgeblieben wäre.
Als Folge des Wachstums kam es nach meinem Empfinden zu einer weiteren Akzentuierung: Einerseits ist die Asga Pensionskasse Genossenschaft mit inzwischen über 130 Mitarbeitenden noch immer ein KMU, andererseits verwaltet sie ein sehr stattliches Vermögen, welches selbst die Anlagen von Regionalbanken übersteigt. Diese zwei Extreme gilt es zu beachten und stets in Einklang zu bringen. Es ist organisatorisch eine Herausforderung, zumal wir uns bezüglich der Vermögensanlagen selbstredend in einem sehr umfassenden gesetzlichen Regelwerk befinden und die Anforderungen entsprechend hoch sind. Unsere Ressourcen müssen sehr gezielt eingesetzt werden und alle Mitarbeitenden sind sehr gefordert, dass diese Leistungen zu den tiefen Verwaltungskosten angeboten werden können, wie wir sie heute einverlangen. Alle Beteiligten setzen sich täglich dafür ein. Dies zu erleben, erfüllt mich mit grosser Freude.
Was macht die Asga anders als die anderen?
Die Tatsache, dass die Asga weiterhin als Genossenschaft organisiert ist, unterscheidet uns wesentlich von einem Grossteil der anderen Pensionskassen. Unsere Genossenschafter sind alle Miteigentümer, die Delegiertenversammlung ist das oberste Organ und die Interessen aller Involvierten sind sehr ähnlich gelagert. Das empfinde ich als grosses Privileg.
Die Asga hat dadurch und auch durch ihre Geschichte einen besonderen Status. Als inzwischen grösste unabhängige Gemeinschafts-Vorsorgeeinrichtung müssen wir uns unserer Verantwortung aber stets bewusst sein. So müssen manchmal auch unkonventionelle Entscheide getroffen werden, auch wenn dies das Gros (noch) nicht tut. Ich erinnere mich gut an den Entscheid, dass die umhüllenden Umwandlungssätze künftig unter 6% liegen werden. Inzwischen sind sehr viele Pensionskassen auch zu diesem Schluss gelangt.
Seit du Asga Verwaltungsrätin bist, was war die einschneidenste Entwicklung für die Asga?
In den gut sechs Jahren, in denen ich nun mitwirken darf, hat sich sehr vieles verändert. Nicht bezüglich der Grundwerte, aber bezüglich der Organisation. Dies hängt nicht zuletzt mit den gestiegenen Anforderungen zusammen. Unzählige Prozesse wurden und werden weiterhin optimiert, es wird digitalisiert, es wird automatisiert. Und doch, der Mensch steht noch immer im Mittelpunkt. Und so sind sicher die vielen Errungenschaften wie beispielweise die neue Anlageorganisation, aber auch das neue Business Process Management, in welchem alle Abläufe der Asga abgebildet und bearbeitet werden können, für mich ganz positive Schritte. Und natürlich ist es erfreulich, wenn sich auch die Kennzahlen auf einem guten Niveau bewegen – das ist es schliesslich, was die Versicherten interessiert.
Wenn ich indes gefragt werde, warum ich diese Aufgabe so gerne mache, hängt dies aber dann nebst den vielen spannenden und auch für die Zukunft wichtigen fachlichen Fragestellungen sehr stark mit den Menschen zusammen, die sich für die Asga einsetzen. Es wird, auch auf Stufe der Geschäftsleitung und im Verwaltungsrat, ein sehr offener, kritischer, aber allem voran konstruktiver Diskurs geführt. Der professionelle und gleichzeitig kollegiale Umgang, bei dem jeder Meinung mit Respekt begegnet wird und von Stefan Bodmer als VRP sowie auch von Sergio Bortolin als CEO sehr gepflegt wird, ist vorbildlich. Und es entspricht auch hier dem Genossenschaftsgedanken: Gemeinsam für denselben Zweck.
Die Herrenrunde um die Gründer hat sich damals an einen Tisch gesetzt und eine Pionierleistung vollbracht. Welche Pionierleistungen siehst du für die Zukunft – und was wird heute anders, da Frauen mit am Tisch sitzen?
Eine ähnliche Pionierleistung wird sich mutmasslich nicht wiederholen. Es muss jedoch gelingen, die Rahmenbedingungen der Vorsorge an die heutigen Verhältnisse anzupassen. Wie sich in der politischen Diskussion zu AHV und BVG zeigt, ist dies bereits eine sehr grosse Herausforderdung und wird die Politik in erster Linie, aber auch die Pensionskassen selbst in der Gegenwart und Zukunft weiter stark beschäftigen.
Dass zu diesem Zweck auch Frauen mit am Tisch sitzen, ist glücklicherweise bereits ein Abbild der heutigen Verhältnisse. Die Diskussionen dürften dadurch, wie bei jedem gemischten Gremium bezüglich Geschlecht, aber auch Alter und beruflicher Herkunft, vielschichtiger sein und die Entscheide auf breiter abgestützten Grundlagen basieren. Selten haben indes die Damen eine Meinung und die Herren eine andere. Aber die unterschiedlichen Perspektiven sind hilfreich.
Fakt ist aber, dass sich immer noch viel zu wenige Frauen für das Thema Vorsorge interessieren und unterschätzen, was sie für Auswirkungen hat – auf die Gesellschaft, aber auch auf das eigene Leben. Ich kann daher Frauen nur dazu ermutigen, sich mit der Vorsorge zu befassen und sich auch beruflich in diesem Thema zu vertiefen. Es gibt noch zu wenige Frauen, die in diesem Bereich gerne Verantwortung übernehmen wollen. Es geht tatsächlich um sehr viel, besonders für die Frauen. Insofern wäre es an der Zeit, dass sich Frauen nicht von der Komplexität abschrecken lassen und an allen Tischen, an denen über Vorsorgethemen entschieden wird, auch Frauen eingebunden werden können.